Am 19.
Mai 2011 gingen meine Eltern in den Wald. Sie fanden eine verletzte
Taube. Schneeweiß, mit grauen Streifen. Die schönste Taube, die sie
je gesehen hatten, sagten sie. Die Verletzung war am Fuß und meine
Eltern haben versucht sie einzufangen, um sie mit in den Garten zu
nehmen, damit sie wieder gesund wird. Danach wäre sie einfach weiter
geflogen. Fast hätte mein Vater sie geschnappt. Aber sie flatterte
immer wieder weg. Also verabschiedeten sie sich von ihr und gingen
weiter. Sie würde sich bestimmt nur ausruhen, ein bisschen erholen
und später weiter fliegen.
Am
nächsten Tag gingen meine Eltern wieder in den Wald. Sie entdeckten
ein paar Federn. Weiter hinten, in einem Busch lag die zerfetzte
Taube selbst. Hätte sie sich einfangen lassen, wäre das alles wohl
nicht passiert. Und ein Mensch wartet auf diese Taube, wartet auf
einen Brief. Vielleicht sogar einen, in dem etwas wichtiges,
liebevolles steht. Aber er oder sie hat es wohl nicht erfahren. Nicht
auf diese Weise, in der eine wunderschöne Taube am Fenster klopft,
die eine wichtige Botschaft überbringt.
Ich weiß noch, dass ich damals fast geweint hätte, als mir meine Eltern davon erzählten.
Ich war traurig wegen dem Tier, dass gestorben ist und ich war traurig, dass jemand seinen Brief nicht bekommen hat. Obwohl ich nichts mit dem Menschen zu tun habe und obwohl ich die Taube nicht einmal persönlich gesehen habe.
Es war einfach die Vorstellung.
Kennt ihr das?